Suchprozesse, Fragen, der Wunsch nach Orientierung, nach Wegen, nach Lösungen… stehen oft am Anfang eines Prozesses, der dann möglicherweise in eine Beratung, eine berufsbegleitende Unterstützung oder eine therapeutische Zusammenarbeit mündet.
Meine Arbeit und meine Haltung wurzeln in der Psychoanalyse. Diese erfüllt in ihrer Vielfalt und Entwicklung über die Zeiten den Anspruch, „Humanwissenschaft“ im eigentlichen Sinne zu sein. Im Laufe meiner Professionalisierung durfte ich mich intensiv mit weiteren Schulen der Psychotherapie, Ideen und Vorstellungen der Philosophie, der Medizin und der Gesellschafts- und Sozialwissenschaften auseinandersetzen. Über viele Begegnungen und Erfahrungen hinweg ist auch die Überzeugung gewachsen, dass Veränderung, Reifungen, besagte Suchprozesse Geduld erfordern. Es bedarf der Fähigkeit, Widersprüche zu ertragen und dafür Zeit und Raum mitzubringen: Getreu der Erkenntnis, dass das Gras nicht schneller wachse, wenn man daran ziehe.
Eine spannende Haltung zu der Begleitung von Suchprozessen ist für den Philosophen Sokrates von Athen überliefert:
Dieser scheint sich als „neugierig Erkundender“ verstanden zu haben: Das Anliegen der Fragenden aufnehmend, hat er sich der Fragestellung gegenüber als „Unwissender“ verstanden. Im Vertrauen darauf, dass die je individuell passende Antwort in der jeweiligen Person bereits auf „Entdeckung“ hin angelegt sei, versuchte er Neugierde und Zuversicht zu vermitteln. Den gemeinsamen Suchprozess sah er als Reise, in der er selbst die Rolle als Begleiter hin zu Formen der Selbsterkenntnis einnahm. Hierüber entwickeln sich neue Perspektiven auch auf die Welt und mittelbar probate Problemlösungsstrategien.
Die Technik, so die Überlieferung, nannte Sokrates „Maieutik“: Die Möglichkeit im Dialog die Fertigkeit entwickeln zu können, auf bislang nicht bewusst verfügbare Möglichkeiten, Fähigkeiten, nicht genutztes Wissen zugreifen zu vermögen. Diese Form eines gelegentlich auch schmerzhaften Erkenntnisprozesses, schien Sokrates ähnlich dem der „Geburtshilfe“ zu sein. Die Namensgebung durch die altgriechische Bezeichnung für die „Hebammenkunst“ weist dies aus.
„Begegnungen gestalten“ meint aber – über die professionellen Anlässe hinaus – auch den politischen Raum. In diesem treffen wir uns als Bürger:innen, Teile von Gesellschaften, der Menschheit. In allen Beziehungen spielen die unveräußerlichen Menschenrechte, beginnend mit der Frage nach der „Würde“, die entscheidende Rolle.
Wir begegnen uns als einzelne, als Teile von Gruppen innerhalb dessen, was wir als Rahmen, als „Kultur“, kennen gelernt haben. Dies sind unsere Bezugspunkte und sie prägen unsere Perspektiven. Aber wir kennen keine Wahrheiten – uns leiten in erster Linie die Modelle. Aus diesen heraus, gleich ob sie bewusst oder unbewusst präsent sind, urteilen und handeln handeln wir. Ein Perspektivwechsel, der buchstäbliche „Blick über den Tellerrand“, können helfen, unseren Bezugsrahmen zu erweitern.